Blockchain-Technologie – wann ist ihr Einsatz sinnvoll?
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Blockchain für Purchase-to-Pay-Prozesse – sinnvoll oder nicht?

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Blockchain für Purchase-to-Pay-Prozesse – sinnvoll oder nicht?

Was ist Blockchain und wo ist der Einsatz dieser Technologie wirklich sinnvoll? Eignet sie sich auch für den Purchase-to-Pay-Prozess? Ein Überblick über die Vor- und Nachteile samt Einschätzung.

Blockchain ist in aller Munde, aber für viele Menschen bleibt das Thema sehr abstrakt. Ein Grund dafür ist das in diesem Zusammenhang häufig benutzte Vokabular, das Begriffe wie „dezentralisierte Datenbanken“, „Knoten“, „Hash-Algorithmen“ oder „Transaktionsketten“ aus dem klassischen „Nerd-Umfeld“ verwendet. Zum anderen sind die Prozesse und Funktionsweisen hinter einer Blockchain-Transaktion für viele schwer zu verstehen. Ein Erklärungsversuch.

Vereinfacht ausgedrückt ist die Blockchain nichts anderes als ein dezentrales Protokoll für Transaktionen zwischen Parteien, in dem jede Änderung transparent erfasst und festgehalten wird. Was genau bedeuten diese Begriffe?

Dezentral bedeutet, dass sich das Protokoll – eine riesige Datenbank – nicht auf einem Server oder in einem Unternehmen/Amt befindet, sondern auf viele Computer verteilt ist. Keine Behörde, Firma oder Person ist Eigentümer des Protokolls. Alle Teilnehmer in der Blockchain haben die gleichen Zugriffsrechte und Möglichkeiten. Somit kann die Blockchain als neutrales System der Informationsverarbeitung, das niemandem gehört, nicht manipuliert werden. In der Theorie entsteht die Gefahr der Manipulation einer Blockchain nur dann, wenn ein Angreifer mehr als 50 % des gesamten Netzwerkes kontrolliert. Innerhalb einer Blockchain gibt es keine zentrale Regulierungsstelle, die vorgibt, was richtig oder falsch ist. Wahr ist, was die Mehrheit sagt.

Eine Transaktion innerhalb der Blockchain kann jede Art von Information enthalten und ist nicht, wie viele vermuten, ausschließlich auf finanzielle Transaktionen, wie z. B. „BITCOIN“, beschränkt. Blockchain kann daher zur Übertragung jeder Art an Information genutzt werden, und innerhalb einer Blockchain kann eine Information von allen Teilnehmern jederzeit nachvollzogen werden.

Parteien sind all diejenigen, z. B. Ämter, Unternehmen, Personen, die an einer auf Blockchain basierenden Lösung teilnehmen und den jeweiligen Regeln der Blockchain folgen. Die Blockchain ermöglicht die Kommunikation zwischen den Teilnehmern und schafft gleichzeitig absolute Transparenz über alle Transaktionen für alle Parteien.

Die Transparenz der Blockchain entsteht durch das Journal oder die Datenbank, die durch ein Netzwerk sogenannter Miner (Bereitsteller von Rechnerleistung für die Blockchain) ständig kontrolliert werden. Diese Miner verifizieren die hinterlegten Informationen blockweise und teilen sie innerhalb des Netzwerks, über das jeder Teilnehmer Zugriff auf dieselbe Blockchain hat.

Vor- und Nachteile der Blockchain-Technologie

Vorteile:

Die Blockchain-Technologie ist daher besonders sicher, sowohl gegen Angriffe von außen (z. B. durch Hacker), als auch gegen Manipulationsversuche einzelner Teilnehmer. Dabei bietet die Blockchain ein hohes Maß an Transparenz und Rückverfolgbarkeit für alle Seiten.

Zudem garantiert die Blockchain-Technologie eine schnellere und sichere Zustellung, im Gegensatz zum klassischen papierbasierten Rechnungsaustausch. Die hohe Sicherheit gegen Manipulation macht zusätzliche Kontrollen hinsichtlich Datenintegrität überflüssig und spart somit Kosten.

Nachteile:

Alle Datensätze werden auf allen an der Blockchain teilnehmenden Rechnern gespeichert und die Datensätze werden niemals gelöscht. Dadurch wächst der Gesamtspeicherbedarf für eine Blockchain mit der Zeit sehr schnell an – und damit auch die Betriebskosten. Die Blockchain wird umso langsamer, je mehr Transaktionen über die Blockchain laufen und je mehr Datensätze online synchronisiert werden müssen. Infolgedessen ist die Performance einer Blockchain wesentlich schlechter als die einer zentralen Datenbank.

Im Prinzip kann jeder Knoten innerhalb des Blockchain-Netzwerks die Aufnahme neuer Informationen in die Blockchain vorschlagen. Um nachzuweisen, dass dieses Hinzufügen von Informationen legitim ist, muss er mit den anderen Knoten in irgendeiner Form Einvernehmen erzielen.

Im Proof of Work-Verfahren muss er ein so genanntes „kryptographisches Rätsel“ lösen. Dieser Rätsellösungsprozess wird allgemein als „Mining“ bezeichnet. Vereinfacht ausgedrückt setzt sich dieses kryptographische Rätsel aus allen zuvor in der Blockchain aufgezeichneten Informationen und einem neuen Satz von Transaktionen zusammen, die zum nächsten „Block“ hinzugefügt werden. Da der Input jedes Rätsels mit der Zeit zunimmt, erfordert seine Lösung eine stetig steigende Rechnerleistung, die immer mehr Energie verbraucht, was dieses Verfahren auch im Hinblick auf die CO2-Bilanz in die Kritik gebracht hat. Ein weiterer Kritikpunkt ist, dass sich Miner zu so genannten Mining-Farms und Mining-Pools zusammenschließen und so die Blockchain kontrollieren können. Dies untergräbt den Gedanken der Dezentralisierung.

Alternativ gibt es das sogenannte Proof of Stake-Verfahren, bei dem eine gewichtete Zufallsauswahl verwendet wird, um sich als „Validator“ (nicht als „Miner“) zu qualifizieren. In diesem Szenario ist es unmöglich, 51 % allein über den Besitz von Rechenleistung zu erlangen.

Blockchain – sicher, schnell und somit kostensparend
Blockchain – sicher, schnell und somit kostensparend

Anwendungsfälle für die Blockchain-Technologie

Durch den hohen Grad an Manipulationssicherheit eignet sich die Blockchain besonders für Transaktionen, in die mehrere Parteien oder Akteure involviert sind, die sich gegenseitig nicht vertrauen. Dies trifft insbesondere dann zu, wenn sich die Parteien nicht kennen.

Anwendungsfälle für die Blockchain-Technologie sind daher zum Beispiel die Bereiche Logistik oder Handel. Mit Hilfe der Blockchain-Technologie können Lieferketten, z. B. von Lebensmitteln oder hochwertigen Produkten, lückenlos und manipulationssicher dokumentiert werden, sodass die Herkunft und Echtheit von Produkten zweifelsfrei nachgewiesen werden kann. Damit können Unternehmen unter anderem Produktpiraterie eindämmen oder illegalen Handel unterbinden.

Die internationale Handelskammer schätzt den weltweiten Schaden durch Produktpiraterie auf circa 2 Billionen Euro [1]– pro Jahr. Im Kampf gegen Fälscher können Hersteller von Markenartikeln durch den Einsatz von Blockchain neue digitale Wege gehen. Stellen wir uns zum Beispiel den Kauf einer teuren Schweizer Armbanduhr vor, die wir seit Wochen auf Online-Marktplätzen suchen. Der Händler, bei dem wir fündig werden, versichert, dass es sich um ein Original handelt, und in der Artikelbeschreibung ist ein Zertifikat erwähnt. Bei der Lieferung der Armbanduhr wird jedoch schnell klar, dass wir eine billige Fälschung erworben haben. Es folgen aufwendige und kostspielige Rechtsverfahren, um die Echtheit zu prüfen oder die Armbanduhr als Plagiat auszuweisen und gegebenenfalls die Rückabwicklung des Kaufs einzuleiten.

Mit der Blockchain-Technologie hingegen lässt sich die Echtheit der Uhr von Anfang an sicher nachvollziehen. Der Uhrenhersteller generiert ein digitales Echtheitszertifikat, das über kopiersichere Kennzeichen mit der Armbanduhr gekoppelt wird. Für jede Armbanduhr gibt es nur ein Zertifikat, das beim Verkauf auf den Kunden registriert wird. In der Blockchain sind der registrierte Besitzer und die Historie der Armbanduhr jederzeit nachvollziehbar. Bei einem Verkauf, egal ob gewerblich oder privat, kann der nächste Käufer also sicher sein, dass es sich bei der Uhr um ein Original handelt.

Zudem ermöglicht die lückenlose Dokumentation in der Blockchain nicht nur die Rückverfolgung der Rohstoffquellen, sondern auch des Versandwegs der Ware. Dies kann beispielsweise für einen Hersteller (Automobilindustrie, Lebensmittelindustrie etc.) im Falle eines Produktrückrufs relevant werden. Denn mit der Blockchain-Technologie lässt sich eindeutig nachvollziehen, welche Chargen über welchen Vertriebsweg an welchen Endkunden geliefert wurden.

Der Purchase-to Pay-Prozess und die Blockchain-Technologie

In einem Pilotprojekt bei SEEBURGER konnten wir zeigen, dass der Purchase-to-Pay-Prozess zwar technologisch mithilfe der Blockchain umgesetzt werden kann, diese Technologie in diesem Kontext jedoch völlig überzogen ist. Warum?

In den oben beschriebenen Anwendungsfällen werden typische Beispiele für den sinnvollen Einsatz der Blockchain-Technologie skizziert. Diese weisen folgende Merkmale auf:

  • Es sind zahlreiche Akteure involviert,
  • diese kennen sich meist nicht,
  • es besteht ein genereller Anreiz und auch die Gelegenheit, Daten zu manipulieren
  • und es herrscht prinzipiell kein Vertrauen zwischen den Akteuren.

Die unternehmensinternen Abläufe im Purchase-to-Pay-Prozess erfüllen diese Kriterien im Allgemeinen jedoch nicht. Mit Einkäufern, Buchhaltern, sachlichen Prüfern, Freigebern und Kostenstellenverantwortlichen sind zwar zahlreiche Personen in die Prozesse involviert – doch ist die Zusammenarbeit zwischen diesen innerhalb eines Unternehmens weder von Misstrauen geprägt noch sollten sie die Absicht haben, die Daten in diesem Prozess zu manipulieren.

Das bereits durch die GoBD[2] geforderte unternehmensinterne Kontrollsystem reicht völlig aus, um die eingehenden Rechnungen gegen Lieferantenstamm, Bestelldaten und Wareneingangsdaten zu prüfen und Manipulationen auszuschließen. Und die in die SEEBURGER Purchase-to-Pay-Lösungen integrierten Workflow-Systeme protokollieren bereits den innerbetrieblichen Freigabe- und Klärungsprozess von Bestellanforderungen, Bestellungen etc. lückenlos. Das Protokoll wird darüber hinaus revisionssicher archiviert, so dass kein Anwender mehr sagen kann: „Habe ich nicht gemacht!“, „Habe ich nicht freigegeben!“, „Habe ich nie gesehen“.

Die SEEBURGER Produkten Purchase-to-Pay und Invoice Portal reduzieren die Manipulationsmöglichkeiten auf ein Minimum.


[1] Erschreckende Prognose: rasanter Piraterie-Anstieg erwartet, Karg und Petersen, Februar 2017 oder „The Economic Impacts of Counterfeiting and Piracy“, January 2017

[2] Umsatzsteueranwendungserlass des Bundesfinanzministeriums vom 3. Mai 2015


 

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Peter Fels

Ein Beitrag von:

Peter Fels ist Produktmanager D-A-CH im Hause SEEBURGER für die automatisierte Rechnungseingangsbearbeitung für alle non-SAP-Systeme. Herr Fels hat viele Jahre Erfahrung bei der Umstellung von papierhaften auf elektronische Rechnungsprozesse.